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erfüllte ihn; doch als man ihn packte und auf die Beine stellte,
gab sein Knie mit stechendem Schmerz nach, und Hiebe und
Flüche konnten daran nichts ändern. Nun mußte er jede
Hoffnung auf Flucht fahren lassen.
»Setzt ihn auf ein Pferd!« befahl Fwar. »Vielleicht sind noch
Freunde von ihm in der Nähe und wir brauchen Zeit, Freund-
chen, um dir alles heimzuzahlen, was du verdienst hast, Nhi
Vanye i Chya, was dir zusteht so viele Brüder und Verwandte
hast du getötet.«
Vanye spuckte ihn an. Etwas anderes blieb ihm in diesem
Augenblick nicht übrig, und auch das ging am Ziel vorbei.
Fwar musterte ihn mit berechnendem Blick. Dieser Mann war
kein Dummkopf: einen Idioten hätte Morgaine auch kaum in
ihrem Dienst geduldet. »Er möchte natürlich, daß wir
möglichst lange in dieser Gegend bleiben. Das nehme ich
jedenfalls an. Die khal-Lords werden sich ihrer aber
annehmen, und mit denen können wir uns später beschäftigen.
Unsere kostbare Beute bringen wir jetzt besser ein Stück
flußabwärts.«
Einer der Männer führte ein Pferd herbei. Vanye versetzte
dem armen Tier einen Stoß mit dem Knie in die Flanke,
woraufhin es schreiend fortstürmte; aber darauf wußte der Hiua
natürlich eine Antwort. Man fesselte ihm die Fußgelenke
zusammen und warf ihn mit dem Bauch nach unten über einen
Sattel und band ihn fest, damit er das Losreiten nicht länger
aufhalten konnte. Sein Helm fiel zu Boden; ein Mann nahm ihn
auf und setzte ihn sich spöttisch auf den Kopf.
Dann begann der schnelle Ritt am Flußufer entlang, und das
unangenehme Auf und Ab drohte Vanye immer wieder das
Bewußtsein zu rauben. Er fiel nicht völlig in Ohnmacht, doch
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gab es ausgedehnte Perioden der Dunkelheit, die ihm allerdings
keine Erleichterung verschafften.
Und schlimmer als der andere Schmerz war der Gedanke an
Morgaine und die Frage, ob die Shiua-Reiter sie eingeholt
hatten und ob sie dem Pfeilschuß zum Opfer gefallen war mit
schwerem Herzen dachte er an die Blutstropfen im Sand. Auf
jeden Fall mußte er überleben. Wenn sie noch in dieser Welt
war, brauchte sie ihn. War sie tot, mußte er dennoch nach dem
Überleben streben; er hatte es ihr geschworen.
Im Kampf gegen die Hiua hatte er daran einen Augenblick
lang nicht gedacht: in jenem ersten Schock war es ihm nur
darum gegangen, einen schnellen und ehrenvollen Tod zu
erleiden. Doch nachdem er nun Zeit gefunden hatte, darüber
nachzudenken, zu was sie ihn mit seinem Eid verpflichtet hatte,
gab er die Gegenwehr auf und sammelte seine Kräfte für einen
anderen und längeren Kampf, bei dem für ihn keine Ehren zu
gewinnen waren. Gegen Mitte des Vormittags rasteten die
Hiua. Vanye spürte, daß das Pferd angehalten wurde, kam
jedoch erst richtig zu sich, als man ihn vom Sattel losband und
rücksichtslos in den Sand schleuderte. Reglos blieb er liegen
und ignorierte die Männer, während er in das dunkle Wasser
des Narn starrte, der kaum einen Steinwurf weit vorbeiströmte
ein schwarzer Faden, der diesen Ort mit jenem verband, an
dem Morgaine sich aufhielt: der Anblick tröstete ihn, der
Gedanke, daß sie noch nicht im Unbekannten verloren war, daß
sie sich noch nicht endgültig verloren hatten.
Einer der Hiua packte ihn an den Haaren, hob seinen Kopf
und setzte ihm eine Flasche an die Lippen: Wasser. Er trank,
soviel man ihm zu geben beabsichtigte; dann goß man ihm
noch einen Schwall ins Gesicht und schlug ihn, um ihn wieder
in die richtige Stimmung zu bringen. Auf beides reagierte er
kaum, obwohl er durchaus wußte, was da mit ihm geschah.
Fwar trat herbei, packte sein Haar und schüttelte ihm den
Kopf, bis sein Blick sich auf ihn richtete. »Ger, Awan«, nannte
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er seine toten Brüder beim Namen, »und Efwy. Und Terrin und
Ejan und Prafwy und Ras, das sind Minurs Verwandte; und
Eran, das war Huls Bruder; und Sithan und Ulwy, Trins
Brüder...»
»Und unsere Frauen und Kinder und all die anderen, die
schon davor sterben mußten«, sagte Eran. Vanye blickte ihn an
und las in seinem Gesicht einen Haß, der Fwars Gefühlen in
nichts nachstand. Er hatte Fwars Brüder mit eigener Hand
umgebracht. Vielleicht hatte er auch die anderen getötet, deren
Namen eben aufgezählt worden waren: viele waren bei dem
Versuch gestorben, Morgaine und ihn zu verfolgen. Die Frauen
und Kinder waren in der zerstörten Feste umgekommen, und
das war nicht sein Werk aber das machte für diese Männer
keinen Unterschied. Er war ein Objekt des Hasses, das sie in
ihrer Gewalt hatten, ein Feind, der ihnen hilflos ausgeliefert
war, und wegen allem Leid, das sie je erlitten hatten,
empfanden sie Haß auch gegenüber Morgaine, die ihre
Vorfahren in Irien in die Katastrophe geführt und jetzt versucht
hatte, sie im untergehenden Shiuan festzuhalten. Ihr Haß auf
sie war nicht minder brennend: doch er gehörte zu Morgaine,
und ihn hatten sie in der Gewalt.
Er gab keine Antwort; welche Antwort sollte an den
Gefühlen seiner Feinde etwas ändern? Trin versetzte ihm einen
Faustschlag ins Gesicht, und Vanye warf sich herum, spuckte
ihn mit Blut an und traf diesmal sogar etwas besser. Trin
schlug ein zweitesmal zu, doch Fwar hielt ihn von weiteren
Ausschreitungen ab.
»Wir haben den ganzen Tag Zeit, dann die Nacht und die
nächsten Tage.«
Dieser Gedanke freute die anderen sichtlich, und sie belegten
ihn mit den übelsten Ausdrücken, doch Vanye biß die
schmerzenden Zähne zusammen und starrte auf den Fluß, in
dem Bemühen, sich nicht aus der Reserve locken zu lassen. Die
Drohungen waren weitgehend an ihn verschwendet, denn die
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Männer sprachen ein ziemlich exotisches Kurshin, einen
Dialekt aus dem Sumpfland, der mit Vanyes Muttersprache
nicht mehr viel zu tun hatte und überfrachtet war mit
Lehnworten aus der qhalur-Sprache außerdem hatte er die
Hiua-Sprache von einer jungen Frau gelernt, die einen
vornehmeren Dialekt sprach. Einiges konnte er sich allerdings
zusammenreimen.
Er war aufgebracht. Auf vage Weise erstaunte ihn diese Tat-
sache aus den Fernen, in die sich sein Denken zurückgezogen
hatte der Umstand, daß er eher Zorn als Entsetzen empfand.
Er war nie ein mutiger Mann gewesen. All die Kümmernisse
seines Lebens waren darauf zurückzuführen, daß er von zu
Hause und von seiner Feste und seiner Ehre getrennt worden
war, weil er sich den Schmerz zu lebhaft vorstellen und die
langsame Folter durch seine Familie nicht länger ertragen
konnte der Kummer eines Jungen: damals war er zu
verwundbar gewesen, er hatte sie mehr geliebt, als ihm bewußt
war.
Diese Männer aber liebte er nicht, diese Überreste von
Hiuajs Bergbewohnern, die heruntergekommenen Myya. Er
schäumte vor Wut darüber, daß er von allen seinen Feinden
ausgerechnet in die Hände dieser Männer gefallen war, in die
Gewalt Fwars, dessen wertloses Leben er geschont hatte, da er
zu sehr Nhi gewesen war, um einen niedergerungenen Feind
umzubringen. Jetzt wurde ihm die Rechnung für diese Gnade
präsentiert. Das böse Lachen und die widerwärtigen
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